Die Ursachen psychischer Probleme bei Jugendlichen verstehen

Understanding the Causes of Teenage Mental Health Problems
Author: Claudia M. Elsig, MD

Die psychische Gesundheit von Jugendlichen ist in einer Krise. Laut einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation WHO (World Health Organization) leidet weltweit jeder siebte 10- bis 19-Jährige unter einer psychischen Störung, die über einen langen Zeitraum hinweg nicht erkannt und unbehandelt bleibt. 1 UNICEF berichtet ebenfalls, dass psychische Erkrankungen weltweit eine erhebliche Krankheitsbelastung für Heranwachsende darstellen.2

Teenager mit psychischen Gesundheitsproblemen sind verletzlicher und machen schlechtere Lebenserfahrungen wie soziale Ausgrenzung, Diskriminierung, Stigmatisierung und Bildungsschwierigkeiten. Auch die körperliche Gesundheit ist beeinträchtigt. 

Untersuchungen zeigen auf alarmierende Weise, dass die Hälfte aller psychischen Gesundheitsstörungen im Alter von 14 Jahren und 75 Prozent bei Menschen Mitte 20 beginnen.3 Die Folgen dieser Entwicklung sind immens, nicht nur für die betroffene Person, sondern auch für die Familie, die Wirtschaft und die Gesellschaft. 

Dieser Blogeintrag beschäftigt sich damit, warum die psychische Gesundheit von Heranwachsenden in der modernen Welt so sehr leidet. 

Gehirnentwicklung und psychische Gesundheit während der Adoleszenz

Es gibt viele Faktoren, die die psychische Gesundheit von Teenagern beeinflussen und viele hängen mit der Entwicklung des Gehirns während dieser prägenden Zeit zusammen. 

Während des Heranwachsens findet eine intensive Gehirnentwicklung statt. Es ist eine entscheidende Zeit für die psychische Gesundheit. Eine Überprüfung der neurowissenschaftlichen Forschung über die Entwicklung des Gehirns während der Adoleszenz ergab: 

“Die hohe Plastizität des jugendlichen Gehirns lässt Umwelteinflüsse besonders stark auf kortikale Schaltkreise wirken. Zum einen macht diese Plastizität die intelektuelle und emotionale Entwicklung erst möglich, zum anderen aber öffnet sie auch die Türen für potenziell schädliche Einflüsse.”4

Während der Adoleszenz entwickelt sich das Gehirn, um effizienter zu werden. Eine erhöhte neuronale Plastizität macht junge Menschen jedoch auch anfälliger für äußere Einflüsse. Die Forschung zeigt etwa, dass “kontextabhängige Nachbarschaftsmerkmale wie das Fehlen von Sportmöglichkeiten oder ein Übermaß an E-Zigarettenläden Heranwachsende beeinflussen, gesundheitsgefährdende Verhaltensweisen wie eine sitzende Lebensweise oder Drogenkonsum an den Tag zu legen.”5

Häufig diagnostizierte psychische Störungen in der Jungend

Die fünf häufigsten, bei Teenagern diagnostierten psychischen Störungen sind: 

  1. Angststörungen
  2. Depression
  3. Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
  4. Substanz- und Alkoholmissbrauch
  5. Essstörungen

Angststörungen sind das bei Teenagern vorherrschende psychische Gesundheitsproblem.

Faktoren, die die psychische Gesundheit von Jugendlichen beeinflussen

Jugendliche entwickeln während dieser Lebensphase entscheidende soziale und emotionale Gewohnheiten für das psychische Wohlbefinden. Um eine gesunde Entwicklung zu gewährleisten, muss eine schützende und unterstützende Umgebung gegeben sein, inklusive bei der Bildung (Schule oder Hochschule), zu Hause und in der weiteren Bekanntschaft.

Im Allgemeinen (und nicht nur bei Teenagern) basiert das psychische Wohlbefinden auch auf einer ausgewogenen Ernährung und ausreichend Schlaf und Bewegung, einschließlich Zeit ohne Bildschirme und an der frischen Luft. Besonders wichtig für Teenager ist es, Teil einer Familie zu sein, die die meiste Zeit gut miteinander auskommt. Starke und liebevolle familiäre Beziehungen sind während des Heranwachsens unbedingt erforderlich. 

In Kombination helfen alle diese positiven Faktoren und Einflüsse Jugendlichen heranzuwachsen, Resilienz und starke Beziehung aufzubauen. Wenn sie dann erwachsen werden, sind sie emotional gut vorbereitet, um mit Veränderungen und Herausforderungen im Leben umgehen zu können. 

Veränderungen im Gehirn während der Adoleszenz im Verbund mit körperlichen, emotionalen und sozialen Veränderungen können Teenager anfälliger für psychische Störungen machen. Für viele sind die Teenagerjahre eine Zeit der emotionalen Turbulenzen. Angstzustände, Depression, bipolare Störungen, ADHS, Essstörungen und sogar Schizophrenie können auftreten. 

Diese Phase des Heranwachsens ist auch geprägt von Verletzlichkeit, und es gibt viele Auslöser, die die psychische Gesundheit negativ beeinflussen können. 

  1. Schlaf

Teenager brauchen viel Schlaf und es gut erforscht und bekannt, dass Schlafentzug die psychische Gesundheit dramatisch beeinträchtigen kann (auch bei Erwachsenen). Schlafprobleme können ein Prädikator für zukünftige Depressionen sein. Forschungen zeigen, dass Teenager, die weniger als sechs Stunden pro Nacht schlafen, mit doppelt so großer Wahrscheinlichkeit gefährliche Verhaltensweisen an den Tag legen und aggressive oder schädliche Aktivitäten ausüben.6

Heranwachsende benötigen rund neun bis zehn Stunden Schlaf pro Nacht, die meisten Teenager aber bekommen nicht genügend Schlaf. Nicht ausreichend zu schlafen, kann zu Reizbarkeit führen, erschwert die Konzentrationsfähigkeit und kann die Impulsivität erhöhen. Denken Sie daran, dass Jugendliche aufgrund der Gehirnentwicklung während der Teenagerjahre risikoreicherem Verhalten offener gegenüberstehen. Schlafmangel kann dies noch wahrscheinlicher machen. 

  1. Tech und das digitale Zeitalter

Es gibt zunehmende Bedenken, dass die digitalen Technologien und sozialen Medien Angstgefühle und Depressionen bei Teenagern verschlimmern. Es gibt durchaus viele positive Auswirkungen der virtuellen Welt, dennoch deuten einige Studien darauf hin, dass die Nutzung sozialer Medien bei Heranwachsenden zu höheren Raten von Selbstverletzung und Suizid beiträgt. 

Bei der kürzlichen Untersuchung des Suizids der US-amerikanischen Schülerin, Molly Russell, kam der Untersuchungsrichter zu dem Schluss, dass sie “an einem Akt der Selbstverletzung starb, während sie unter Depression und den negativen Auswirkungen von Online-Inhalten litt”. 7

Zweifelsohne haben es die sozialen Medien für Kinder und Teenager einfacher gemacht, auf nicht geeignete Inhalte zuzugreifen und Opfer von Mobbing zu werden. Mobber können ihre Opfer nun digital belästigen und stalken sowie leicht böswilligen Klatsch verbreiten. Mit Bildschirmen, die an allen Tagen und rund um die Uhr zugänglich sind, ist es für Opfer praktisch unmöglich, auch nur eine kleine Atempause davon zu bekommen.

  1. Erziehung

Untersuchungen zeigen, dass der Erziehungsstil Einfluss auf die psychische Gesundheit von Heranwachsenden hat.8 Sowohl Zurückweisung als auch übermäßige Behütung können sich negativ auf die psychische Gesundheit eines Jugendlichen auswirken und dessen Selbstwertgefühl beeinträchtigen. Negative und überfürsorgliche Eltern können psychologische Inflexibilität herbeirufen (dem Teenager fällt es schwer, anwesend zu sein und er/sie greift zu vermeidenden Bewältigungsstrategien).

Viele Eltern lassen die Erziehung während der Teenagerjahre schleifen, gehen davon aus, dass Jugendliche erwachsen genug sind, um mit Problemen klar zu kommen und dass er/sie keine Sorgen auf der Welt hat. Doch weit davon entfernt, sorglos zu sein, durchleben die meisten Jugendlichen eine Phase emotionaler Höhen und Tiefen.   

Darum ist es während der Teenagerzeit genauso wichtig, klare Grenzen aufrechtzuerhalten wie in jeder anderen Phase der Entwicklung eines Kindes. Stabilität im Familienkreis und elterliche emotionale Wärme sind ausschlaggebend, besonders auch, weil wir inzwischen wissen, dass das Selbstwertgefühl ein schützender Faktor für die psychische Gesundheit ist. 

Kindheitstraumata, Missbrauch und Vernachlässigung, Einsamkeit, Diskriminierung und Stigmatisierung, Armut und soziale Benachteiligung, Privilegien und unrealistischer Anpassungsdruck, gestörte Routinen und Konfrontation mit Widrigkeiten können sich allesamt nachhaltig auf die psychische Gesundheit eines Kindes auswirken. 

  1. Ernährung

Eine gesunde, ausgewogene Ernährungsweise ist ein Leben lang wichtig und speziell während der Kindheit und Adoleszenz von großer Bedeutung, einer Zeit des Heranwachsens und der Weiterentwicklung. Eine gute Ernährung geht einher mit einer ausgeglicheren psychischen Gesundheit und weniger Angstzuständen und Depression. Untersuchungen zeigen, dass zum Beispiel ein erhöhter Konsum von ultra-verarbeiteten Lebensmitteln mit einem vermehrten Auftreten von Angstzuständen und Depression in Verbindung steht.9

In der Adoleszenz sind Teenager oftmals hungriger und essen mehr. Dies liegt daran, dass sie einen enormen Wachstumsschub durchmachen. Obwohl es wichtig ist, dass Sie kein Problem daraus machen, was ein Teenager isst, ist es gleichfalls notwendig, eine gesunde Ernährungsweise vorzuleben und die Heranwachsenden zu animieren, Snacks aus der Gruppe der gesunden Lebensmittel auszuwählen. 

  1. Soziale, gesellschaftliche und umweltbezogene Faktoren

Familie, Schule und Gleichaltrige beeinflussen die psychische Gesundheit von Jugendlichen. Während der Teenagerjahre ist der Druck, sich anzupassen, eine von allen gemachte, gemeinsame Erfahrung. 

Es ist eine gewaltige Aufgabe für Jugendliche, ihre persönliche Identität zu entwickeln. Fast jeder Jugendliche sieht sich im Verlauf dieser prägenden Zeit einer Identitätskrise gegenüber. Medien, Gleichaltrige und familiäre Standpunkte können dies leicht zu einer problematischen oder verdrängten Erfahrung machen. 

In der Literatur weisen Teenager mit Depression, Alkohol- und Drogenmissbrauch sowie Essstörungen häufiger identitätsbezogene Probleme auf. Untersuchungen haben auch gezeigt, dass es eine Verbindung zwischen der Schwere depressiver Symptome und Identitätsverwechslungswerten gibt.10

Wachsende globale Probleme wie Klimawandel wirken sich vermehrt auf Jugendliche aus. Die Folgen von COVID-19 für die psychische Gesundheit von Teenagern dürfen nicht unterschätzt werden. Auch der Ukraine-Krieg hat die Zunahme psychischer Gesundheitsprobleme verschärft. Alle diese Probleme bringen junge Menschen dazu, weniger in ihre Zukunft zu vertrauen, was wiederum zu einem höheren Maße an Angstzuständen und Depression führt. 

Hilfe suchen bei CALDA

Bei CALDA verfügt unser Team aus Psychiatern, Psychologen, Therapeuten und Alternativmedizinern über umfangreiche Erfahrungen in der Behandlung der psychischen Gesundheit von Jugendlichen. 

Neben der Psyche behandeln wir auch den Körper, um hormonelle oder ernährungsbedingte Ungleichgewichte zu beheben. Unser ganzheitlicher Ansatz kombiniert eine detaillierte psychiatrische Diagnose mit einer umfassenden klinisch-chemischen Analyse. Ausgehend von dieser umfangreichen Diagnostik wird ein individuelles, auf die Person zugeschnittenes Programm zusammengestellt. 

Wir widmen unsere Zeit und unser Fachwissen jeweils nur einem Kunden. Wenn Ihr Teenager oder junger Erwachsener jemanden braucht, der ihn/sie begleitet, können wir auf Ihre Wünsche eingehen.  

Kontaktieren Sie uns für ein persönliches Gespräch, um mehr über unsere Programme und die nächsten Schritte zu erfahren. 

Quellenangaben:

  1. WHO Fact Sheet. 17 Nov 2021. Adolescent Mental Health. [Online: accessed 06 Jan 2023].
  2. UNICEF. Oct 2021. Child Mental Health. [Online: accessed 06 Jan 2023].
  3. Kessler RC, et al. Jun 2005. Lifetime prevalence and age-of-onset distributions of DSM-IV disorders in the National Comorbidity Survey Replication. Arch Gen Psychiatry; 62(6):593-602.
  4. Konrad K, Firk C, & Uhlhaas PJ. 21 Jun 2013. Brain development during adolescence: neuroscientific insights into this developmental period. Dtsch Arztebl Int. 2013 Jun;110(25):425-31.
  5. Barakat C & Al Anouti, F. 2022. Adolescent Mental Health in the Middle East and North Africa (MENA): Where Are We and Where Do We Go from Here? In: Adolescent Mental Health in The Middle East and North Africa. Global Perspectives on Health Geography. Springer, Cham.
  6. University of South Australia. 10 Feb 2021. Sleep keeps teens on track for good mental health. ScienceDaily.
  7. Presented by Michael Safi. 11 Oct 2022. Molly Russell: how a teenager’s death put social media on trial. Today in Focus Podcast. The Guardian.
  8. Biao P, et al. 13 Oct 2021. Parenting Style and Adolescent Mental Health: The Chain Mediating Effects of Self-Esteem and Psychological Inflexibility. Frontiers of Psychology.
  9. Coletro HN, et al. Feb 2022. Ultra-processed and fresh food consumption and symptoms of anxiety and depression during the COVID – 19 pandemic: COVID Inconfidentes. Clin Nutr ESPEN. 2022 Feb;47:206-214.
  10. Demir B, et al. 2010. Sense of identity and depression in adolescents. The Turkish Journal of Pediatrics. 2010 Jan-Feb; 52: 68-72.