Die Ursachen für Suizid bei jungen Männern verstehen

Understanding the causes of suicide in young men
Author: Claudia M. Elsig, MD

Weltweit sterben jährlich über 700.000 Menschen durch Suizid.1 Tragischerweise bedeutet das, dass sich alle 45 Sekunden ein Menschen das Leben nimmt. Leider ist Suizid eine der häufigsten Todesursachen bei jungen Menschen.1 

Suizidstatistiken sind schockierend, speziell mit Blick auf junge Männer, die demographisch gesehen ein größeres Suizidrisiko haben als alle anderen Bevölkerungsgruppen. In Europa und Amerika gibt es vier Mal mehr Suizide unter Männern als unter Frauen.2

Warum aber unterliegen junge Männer einem besonderen Risiko?

Risikofaktoren, die zu suizidalem Verhalten in der Jugend beitragen

Suizid ist ein enorm komplexes Thema und in fast allen Fällen bringt die Kombination verschiedener Faktoren einen Menschen dazu, sich das Leben zu nehmen. Zu den Situationen, die junge Menschen gefährden können, gehören:

  • Gemobbt werden
  • Akademischer Druck
  • Beziehungsprobleme
  • Schwierigkeiten bei der sexuellen Orientierung
  • Erfahrung von körperlichem, emotionalem oder sexuellem Missbrauch (oder eine Vorgeschichte irgendeines Traumas) 
  • Trauerfall, Verlust eines geliebten Menschen
  • Schwächende oder schmerzende Erkrankung
  • Psychiatrische Störungen, speziell affektive Störungen wie Depression
  • Soziale Isolation oder Mangel an sinnvollen Beziehungen im Leben
  • Drogen- oder Alkoholmissbrauch
  • Gefühl der Zwecklosigkeit
  • Vernachlässigung oder mangelnde Unterstützung
  • Kulturelle oder religiöse Überzeugungen
  • Spezifische persönliche Eigenschaften wie Neurotizismus
  • Dysfunktionale Familienprozesse
  • Fälle von Suizid in der Familie

Warum ist die Suizidrate bei jungen Männern so hoch?

Junge Menschen sind besonders gefährdet, Suizid zu begehen. In den USA haben Teenager und junge Erwachsene die höchste Suizidrate verglichen mit allen anderen Altersgruppen. Und in Europa ist Suizid die zweithäufigste Todesursache bei Jugendlichen.  

Die Kausalität ist komplex, aber bei jungen Männern müssen zudem ein paar einzigartige Faktoren berücksichtigt werden. In Forschungsstudien ist dies als das “Gender-Paradoxon von Suizid” bekannt. 

Geschlechtsspezifische Unterschiede, Immunität und Sexualhormone

Eine systematische Überprüfung und eine Meta-Analyse haben Unterschiede bei emotionalen Problemen und bei Verhaltensproblemen zwischen den Geschlechtern gezeigt. 

“Die höheren Suizidraten unter männlichen Jugendlichen können auch mit einer höheren Prävalenz von externalisierenden Störungen (z.B. Verhaltensstörungen, Drogenmissbrauchsstörung, abweichendes Verhalten) sowie eine Vorliebe für hochgefährliche, oft tödliche Praktiken in Verbindung gebracht werden.”3

Forschungen unterstreichen auch die mögliche Rolle des Immunsystems und der Sexualhormone bei psychiatrischen Erkrankungen in Verbindung mit Suizidgefährdung. Fachliteratur zeigt auf, dass es eine Dysregulation des Immunsystems und veränderte Sexualhormonspiegel bei Suizidpatienten gibt.4

Pubertät und Sexualhormone können eine Rolle bei Suizidgedanken spielen. Der Einfluss von Hormonen und sozialen Stressoren auf neuronale Systeme während der Pubertät könnte das Risiko für Suizidgedanken- und -verhalten erhöhen, und zwar speziell bei Jugendlichen mit neurobiologischer Sensibilität für hormonelle Veränderungen.5

Hierbei gilt es zu beachten, dass viele Untersuchungen über Geschlechterunterschiede bei Suizid nicht-binäre Menschen nicht berücksichtigen. 

Impulsivität und ADHS

Impulsivität ist in zahlreichen Studien als Schlüsselfaktor für das Risiko von suizidalem Verhalten identifiziert worden. Dr. Carl Fleisher von UCLA Health’s sagt: “Das, was [junge Menschen] verletzbar macht, ist, wo sie gesellschaftlich und… in ihrer Entwicklung stehen.”

Und weiter: “Ihre Urteils- und Entscheidungsfähigkeit sind noch in der Entwicklung begriffen. Der präfrontale Cortex – das ausführende Kontrollzentrum des Gehirns – ist erst Mitte 20 voll entwickelt. Das macht junge Menschen impulsiver.”6

Der präfrontale Cortex spielt eine wichtige Rolle bei Funktionen wie Planung, Entscheidungsfindung und Selbstkontrolle. Er ist bei Frauen größer und rund zwei Jahre früher als bei Männern voll ausgebildet. 

Junge Menschen mit ADHS sind weiterhin einem erhöhten Risiko ausgesetzt, während des Heranwachsens Depressionen und Angstzustände zu durchlaufen. Das kann die Wahrscheinlichkeit von Suizidgedanken erhöhen.6 Forschungen zeigen, dass ADHS häufiger bei Jungen diagnostiziert wird. Das mag daran liegen, dass die Symptome bei Mädchen subtiler und schwerer auszumachen sind. Impulsivität ist ein typisches Symptom von ADHS bei Jungen, was erklärt, dass diese Kohorte eher gefährlich handelt. 

Emotionale Unterdrückung 

Emotionale Unterdrückung ist ein Schlüsselfaktor für die hohe Suizidrate bei jungen Männern. Über Generationen hinweg wurden Jungen und Männer ermutigt, sich zu behaupten und hart zu sein. Wie oft schon haben Sie den Satz gehört “Jungen weinen nicht”?

Dies mag eine sehr traditionelle und veraltete Sichtweise sein, doch auch in einer modernen Gesellschaft klingt dies für junge Männer noch wahr. Viele junge Männer haben Angst, ihre Gefühle auszudrücken, aus Furcht, schwach zu wirken. Es ist die Angst vor Spott. Speziell in der männlichen Bevölkerung gibt es ein großes Stigma, wenn es darum geht, offen über psychische Gesundheit zu sprechen. 

Selbst heute noch ist es für Frauen und Mädchen gesellschaftlich akzeptierter, über Gefühle zu sprechen. Infolgedessen reden Jungen, Jugendliche und Männer weniger darüber, wenn sie mit psychischem oder emotionalem Wohlbefinden, mit Beziehungsproblemen und/oder Sexualität zu kämpfen haben. 

Gewaltsame Suizidmethoden

Laut Suizidstatistiken ist die Wahrscheinlichkeit von Suizidversuchen bei Frauen höher, währenddessen Männer häufiger dabei sterben.7 Suizidversuche bei Männern sind oftmals gewalttätiger und machen daher ein rechtzeitiges Eingreifen unwahrscheinlicher. Männer neigen dazu, Suizidmethoden zu wählen wie Schusswaffen, Erhängen und Ersticken, während Frauen eher zu einer Überdosis von Medikamenten oder Drogen greifen oder durch Schnitte verbluten wollen, zum Beispiel durch ein “aufgeschlitztes Handgelenk”. 

Suizidprävention: Was kann man tun?

Die Suizidrate unter jungen Männern zu bekämpfen, verlangt einen vielschichtigen Ansatz. Zunächst muss das Stigma angegangen werden, mit dem Reden über psychische Gesundheit unter jungen Leuten und hier speziell unter jungen Männern behaftet ist. Um dies zu erreichen, muss die Beratung für psychische Gesundheit auf vulnerable Gruppen ausgerichtet sein und jenen Unterstützung bieten, denen es unangenehm ist, sich mit nahestehenden Menschen auszutauschen oder einen psychiatrischen Gesundheitsdienst aufzusuchen. 

Um das Stigma rund um psychische Gesundheit aufzubrechen, muss auf gesellschaftspolitischer Ebene agiert und investiert werden. In der Bildung muss die Sensibilisierung für psychische Gesundheit im Lehrplan einen obligatorischen Platz haben. Im Arbeitsleben sollten Gesundheits- und Sicherheitsrichtlinien ebenso viel Wert auf geistiges Wohlbefinden wie auf körperliche Gesundheit legen. Erziehern und Arbeitgebern obliegt eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, Gespräche über psychische Gesundheit zu normalisieren. 

Und schließlich wird auch eine frühzeitige Erkennung und Behandlung von psychischen Gesundheitsproblemen helfen, die Tragödie eines Suizids abzuwenden. Besondere Wachsamkeit ist geboten, um die Warnsignale einer Verschlechtung der psychischen Gesundheit bei jungen Männern zu erkennen. Das bedeutet auch, jede Gelegenheit zu nutzen, um sich nach dem geistigen Wohlbefinden zu erkunden. Anders als viele körperlichen Beschwerden können psychische Erkrankungen wesentlich leichter unerkannt bleiben und sich weiterentwickeln. 

Für die Suizidprävention müssen Depression, Angstzustände und Verhaltensstörungen schon früh erkannt werden. Für junge Menschen mit psychischen Gesundheitsproblemen muss es wesentlich einfacher und weniger stigmatisierend werden, Zugang zu der Behandlung zu bekommen, die sie benötigen. 

Behandlung bei CALDA

Die Behandlung von Suizidgedanken gehört in die Hände von Spezialisten. CALDA bietet einen sicheren Heilungsraum für Menschen, die Suizigedanken in sich tragen. Unser Expertenteam entwickelt für jeden Kunden eine personalisierte, kreative Behandlungsstrategie, die auf allen bewährten Formeln der integrativen Medizin beruht.  

Wir nutzen detaillierte psychiatrische Diagnosen in Verbindung mit umfassenden klinisch-chemischen Analysen und gezielten genetischen Analysen, um den Status zu bestimmen, und verwenden die Ergebnisse, um ein personalisiertes, auf die Person zugeschnittenes Programm zusammenzustellen. Wir behandeln die Ursachen, nicht die Symptome, und wo immer möglich, arbeiten wir ohne den Einsatz von Psychopharmaka.

Unsere ganzheitlichen therapeutischen Programme sind darauf ausgerichtet, die Ursachen für die Suizidgedanken aufzudecken, vergangene Traumata zu heilen und sozio-emotionale Lebenskompetenzen zu fördern, damit die Person vorankommen und ein ausgewogenes und gesundes Leben genießen kann. 

CALDA ist eine Privatklinik nur für Selbstzahler. Wir bieten höchste Diskretion und widmen unser gesamtes Behandlungsteam stets nur je einem Kunden. 

Wenn Sie ein privates Vorgespräch über den jungen Menschen wünschen, der Ihnen Sorge bereitet, setzen Sie sich bitte mit uns in Verbindung. Wir besprechen gern Ihre familiären Bedürfnisse und informieren Sie ausführlich darüber, wie wir helfen können.

Quellenangaben:

  1. World Health Organization Website. Fact Sheet: Suicide. [Aufgerufen am 11. Nov. 2022].
  2. Bilson J. 30. Okt. 2018. Suicide and Youth: Risk Factors. Veröffentlicht in Frontiers in Psychiatry.
  3. Miranda-Mendizabal A, et al. Gender differences in suicidal behavior in adolescents and young adults: systematic review and meta-analysis of longitudinal studies. Int J Public Health 64, 265–283 (2019).
  4. Lombardo G. Dez. 2021. New frontiers in suicide vulnerability: immune system and sex hormones. Brain, Behavior & Immunity – Health.
  5. Ho, T.C. et al. 11. Jun. 2021. Psychobiological risk factors for suicidal thoughts and behaviors in adolescence: a consideration of the role of puberty. Mol Psychiatry 27, 606–623 (2022)
  6. Ackerman J. 20. Aug. 2019. ADHD and Youth Suicide: Is There a Link? Nationwide Children’s Hospital.
  7. Schimelpfening, N. 11. Feb. 2022. Differences in suicide among men and women. Website: verywellmind.com [Aufgerufen am 12. Nov. 2022].