Eine bipolare Störung verstehen und ihre Behandlungsmöglichkeiten

Understanding Bipolar Disorder and the Treatment Options
Author: Claudia M. Elsig, MD

Stellen Sie sich vor, Sie leben mit schweren Stimmungsschwankungen, wechseln zwischen Episoden von Manie und Depression und befinden sich wochenlang oder gar über Monate hinweg in einem extremen Zustand. Das ist die Realität für Personen, die mit einer bipolaren Störung leben. 

Die Stimmungsschwankungen einer bipolaren Störung sollten nicht mit den generellen Höhen und Tiefen des Lebens verwechselt werden. Eine bipolare Störung ist eine schwere psychische Erkrankung, deren Stimmungslagen von Verzweiflung und Suizidgedanken bis hin zu Hochgefühlen und Wahnvorstellungen reichen. 

Eine bipolare Störung ist ebenso komplex wie schwerwiegend und eine überraschend hohe Zahl von Menschen leidet darunter.

Dieser Blogeintrag gibt tiefere Einblicke in diese Erkrankung, erklärt deren Ursachen, die Symptome, was es bedeutet, mit einer bipolaren Störung zu leben, und welche verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten existieren. 

Was ist eine bipolare Störung?

Eine bipolare Störung ist eine schwere psychische Erkrankung, charakterisiert durch Stimmungsschwankungen und sich verändernde Energielevels. Bei einem Menschen mit bipolarer Störung können Gefühle von ungewöhnlich energiegeladenen und glücklich zu unglaublicher Leere, Lethargie und Niedergeschlagenheit umschlagen. Die Erkrankung verändert die Energie, das Verhalten, wie ein Mensch denkt und schläft. 

Während einer depressiven Phase hat eine Person mit einer bipolaren Störung oftmals überwältigende Gefühle von Wertlosigkeit und kann Todes- oder Suizidgedanken hegen. 

Zu den anderen häufigen Symptomen während einer depressiven Episode gehören:

  • Gefühle der Niedergeschlagenheit, Traurigkeit, Besorgnis, Angst, Überforderung
  • geringe Energie
  • kein Interesse an gewöhnlichen Aktivitäten 
  • Vergesslichkeit
  • Unentschlossenheit
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • zu viel oder zu wenig Schlaf
  • Über- oder Unterernährung 

Während einer manischen Phase kann eine Person mit bipolarer Störung ehrgeizige Pläne und Ideen entwickeln, kreativ sein und sich überglücklich oder leicht gereizt fühlen. Die Person redet womöglich viel und sehr schnell, trifft impulsive Entscheidungen und ist risikofreudig. Sie kann zudem Psychosen und Halluzinationen durchlaufen, Dinge sehen oder hören, die es nicht gibt, oder Dinge glauben, die nicht wahr sind. 

Weitere häufige Symptome während einer manischen Episode sind:

  • Gefühl der Euphorie
  • übermäßige Energie
  • Unruhe
  • übersteigertes Selbstwertgefühl
  • Risikobereitschaft etwa für ungeschützten Sex, Glücksspiel, große Geldausgaben oder Drogenkonsum
  • Reizbarkeit und Aufgeregtheit
  • Schlafprobleme

Die verschiedenen Arten von bipolarer Störung

In der klinischen Praxis wird die bipolare Störung gewöhnlich in verschiedene Arten unterteilt, je nach Häufigkeit der bipolaren Stimmungen, deren Intensität und inwieweit die Symptome die betroffene Person beeinträchtigen. Die verschiedenen Arten sind:

  • Bipolar-I-Störung
  • Bipolar-II-Störung
  • Zyklothymische Störung
  • Gemischte Episoden
  • Rapid Cycling

Eine Bipolar-I-Diagnose ist die schwerere Form der Erkrankung und wird durch manische Episoden gekennzeichnet. Es muss mindestens eine dieser Episoden für die Dauer von mindestens einer Woche gegeben haben. Depressive Episoden können, müssen aber nicht vorkommen. Es kann Halluzinationen geben und die betroffene Person kann zu ihrer eigenen Sicherheit sogar in ein Krankenhaus eingewiesen werden. 

Eine Bipolar-II-Störung liegt bei mindestens einer depressiven Episode und Symptomen von Hypomanie vor. Unter Hypomanie versteht man weniger schwere Stimmungs- und Verhaltensschwankungen als bei einer Manie. Die Mindestdauer dieser Episoden beträgt vier Tage. Eine Bipolar-II-Störung ist nicht so extrem wie eine Bipolar-I-Störung. 

Eine Zyklothymie-Diagnose wird gestellt, wenn es hypomanische und depressive Episoden gibt, diese jedoch nicht schwer genug sind, um die Diagnosekriterien einer Bipolar-I- oder Bipolar-II-Störung zu erfüllen. 

Eine Mischform der bipolaren Störung liegt vor, wenn manische und depressive Episoden einer Bipolar-I- oder Bipolar-II-Störung gemeinsam oder kurz nacheinander auftreten. 

Rapid Cycling bedeutet, dass eine Person mit bipolaren Erfahrungen jedes Jahr viele Krankheitsepisoden erlebt (generell vier oder mehr Episoden von Manie und Depression in einem Jahr) und selbst an einem einzigen Tag schwere Stimmungsschwankungen durchlaufen kann.

Was verursacht eine bipolare Störung und wer bekommt sie?

Es gibt keine spezifischen Ursachen für eine bipolare Störung. Es wird davon ausgegangen, dass eine Kombination von Faktoren dazu beiträgt, dass eine Person diese Krankheit entwickelt. Zu diesen Faktoren gehören: 

  • Kindheitstrauma
  • belastende Lebensereignisse und überwältigende Probleme 
  • Gehirnchemie
  • bipolare Erkrankungen in der Familie (Genetik)
  • Medikamente, Drogen und Alkohol 

Eine bipolare Störung kann in jedem Lebensalter auftreten, auch in der frühen Kindheit, wenngleich sie gewöhnlich in der Jugend im Alter zwischen 15 und 19 Jahren entwickelt wird. Auch ist es keine geschlechtsspezifische Erkrankung, kann Männer und Frauen gleichermaßen betreffen, ebenso wie alle Rassen, ethnische Gruppierungen und sozioökonomische Schichten. 

Wie viele Menschen haben eine bipolare Störung?

Laut Daten des britischen National Health Service wird im Laufe eines Lebens bei einer von 100 Personen eine bipolare Störung diagnostiziert.1 2019 sprach die Weltgesundheitsorganisation WHO von rund 40 Millionen Menschen weltweit mit einer bipolaren Störung.2  

In der jüngsten Vergangenheit haben mehrere Prominente öffentlich darüber gesprochen, dass sie mit einer bipolaren Störung zu kämpfen haben, darunter Mariah Carey, Carrie Fisher, Mel Gibson, Demi Lovato, Catherine Zeta-Jones und Francis Ford Coppola. Heute glaubt man, dass auch der Mitte des 19. Jahrhunderts geborene Künstler, Vincent Van Gogh, unter einer bipolaren Störung litt, die er als junger Erwachsener entwickelte. 

Auch der US-amerikanische Soap-Star, Billy Miller, der sich kürzlich das Leben nahm, litt unter einer bipolaren Störung. In Reaktion auf seinen Tod schrieb seine Mutter über die bipolare Störung, “am Ende hat die Krankheit den Kampf gewonnen.”3

Was bedeutet es, mit einer bipolaren Störung zu leben?

Eine bipolare Störung hat für einen Menschen viele Folgen für seinen Lebensstil und seine Beziehungen. Für den Partner einer Person mit bipolarer Störung kann sich das Leben wie eine emotionale Achterbahn anfühlen. Und natürlich wirken sich unvorhersehbare Verhaltensweisen auch verheerend auf das Vertrauen aus, was wiederum die Basis einer gesunden Beziehung ist. Unberechenbares Verhalten kann für Partner und Kinder verwirrend sein.

Während der Krankheitsepisoden kann sich die Persönlichkeit von Menschen mit bipolarer Störung verändern, sie können manchmal auch missbräuchlich oder gar gewalttätig werden. Während manischer Phasen kann eine Person mit bipolarer Störung häufigen Sex wünschen und dann während depressiver Episoden sexuellen Kontakt gänzlich vermeiden. 

Auch ist der Hang zu Glücksspielen in einer manischen Phase wahrscheinlicher – Menschen mit bipolarer Störung neigen dazu, leichtsinnig Geld auszugeben. Forschungen zeigen, dass mindestens eine von zehn Personen mit bipolarer Störung ein moderates bis hohes Risiko für Probleme mit dem Glücksspiel hat.4

Erschütternde Suizidstatistiken verdeutlichen, wie ernst eine bipolare Störung ist. Forscher gehen davon aus, dass zwischen 25 und 60 Prozent der Menschen mit bipolarer Störung mindestens einmal in ihrem Leben einen Suizidversuch begehen. Zwischen vier und 19 Prozent setzen ihrem Leben ein Ende.5

Und mehr noch. Wie Dr. Brian Miller, M.D., Phd MPH, in der Fachzeitschrift Psychiatric Times schreibt, zeigen Forschungen, dass “eine bipolare Störung in Verbindung gebracht wird mit einem zwei- bis dreifach erhöhten Risiko für eine vorzeitige Sterblichkeit, wobei nicht nur Suizide, sondern auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Atemwegserkrankungen und Krebs berücksichtigt werden.”6

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei einer bipolaren Störung? 

Es ist wichtig zu verstehen, dass eine bipolare Störung eine lebenslange Erkrankung ist, die behandelt werden muss. Sie wird nicht von allein wieder weggehen. Doch trotz der Schwere einer bipolaren Störung kann ein Mensch mit der passenden Behandlung gut mit dieser Krankheit leben. 

Stimmungsstabilisierende Medikamente werden zur Bewältigung manischer Episoden verschrieben und sollten langfristig und täglich eingenommen werden. Zusätzliche Medikamente können verordnet werden, um eine auftretende Manie und Depression in den Griff zu bekommen.

Psychotherapie ist ein grundlegender Teil der Behandlung einer bipolaren Störung. Forschungen zeigen, dass Psychotherapie zusätzlich zur medikamentösen Behandlung einer bipolaren Störung durchweg Vorteile gegenüber der ausschließlich medikamentösen Behandlung hat.7

Des Weiteren gibt es viele Lebensstildetails, die helfen können, Episoden und das Ausmaß bipolarer Stimmungsschwankungen zu verringern. Dazu gehören:  

  • regelmäßige Bewegung 
  • eine gesunde, ausgeglichene Ernährung 
  • guter Schlaf 
  • ein strukturierter Tagesablauf
  • die konsequente und wie vom Arzt empfohlene Einnahme der verschriebenen Medikamente
  • Drogen und Alkohol vermeiden
  • ein gutes Unterstützungnetzwerk aufbauen
  • Trigger erkennen und vermeiden
  • Grenzen setzen
  • Stressbewältigung praktizieren
  • vorausschauend planen
  • Atemarbeit praktizieren

Hilfe erhalten bei CALDA

Bei CALDA nutzen wir zur Behandlung einer bipolaren Störung einen multimodalen Ansatz. Unsere ganzheitliche Methode ist auf alle Ungleichgewichte im Organismus ausgerichtet, einschließlich Ernährungsmängel. Um dem Einzelnen zu helfen, werden effektive und erprobte Therapiemethoden verschiedener Disziplinen auf eine fein abgestimmte und personalisierte Weise kombiniert. 

Der Behandlungsplan ist so zugeschnitten, dass auf Basis einer ausführlichen und detaillierten Diagnose alle zugrunde liegenden Ursachen angegangen werden. 

Wenn Sie mehr über unsere Programme erfahren möchten, kontaktieren Sie uns. Gerne beantworten wir Ihre Fragen.

Quellenangaben:

  1. National Health Service. 3. Jan. 2023. Overview – Bipolar disorder. [Online-Zugriff am 15. Nov. 2023]
  2. World Health Organization. 8. Jun. 2022. Mental Disorders. [Online-Zugriff am 15. Nov. 2023]
  3. Katie Kindelan. 19. Sept. 2023.  Soap opera star dies by suicide: What to know about bipolar disorder. ABC News. [Online-Zugriff am 15. Nov. 2023]
  4. L. Jones, et al. 18. Jun. 2015. Gambling problems in bipolar disorder in the UK: prevalence and distribution. British Journal of Psychiatry. Okt. 2015;207(4):328-33.
  5. D.M. Novick, H.A. Swartz & E. Frank. Feb. 2010. Suicide attempts in bipolar I and bipolar II disorder: a review and meta-analysis of the evidence. Bipolar Disord. Feb. 2010;12(1):1-9.
  6. B. Miller. 14. Mar. 2022. Premature Mortality in Bipolar Disorder. Psychiatric Times. [Online-Zugriff am 15. Nov. 2023]
  7. H.A. Swartz & J. Swanson. 2014. Psychotherapy for Bipolar Disorder in Adults: A Review of the Evidence. Focus (American Psychiatric Association Publishing). Sommer 2014;12(3).