Die Auswirkungen frühkindlicher Traumata auf Erwachsene

Author: Claudia M. Elsig, MD

Traumata in den frühen Kindheitsjahren werden später oft heruntergespielt oder gar völlig ignoriert. Im Raum steht die Frage: Wenn das Kind das Erlebte oder die Reihe von Erlebnissen nicht beschreiben oder sich gar nicht daran erinnern kann, ist das dann von Bedeutung? Die Antwort ist ein klares Ja.

Rund die Hälfte aller Kinder erfahren in den frühen Lebensjahren eine Art von Trauma. Einige tragen von diesen traumatischen Erlebnissen keinerlei Schaden davon, andere wiederum leiden ein ganzes Leben lang unter den Folgen. Stress, den sogar Neugeborene haben können, kann sich später auf deren psychische und körperliche Gesundheit auswirken.

Was macht ein Kindheitstrauma aus?

Die Traumatisierung kann bereits während der Schwangerschaft beginnen. Wenn eine werdende Mutter Stress oder ein Trauma erlebt, wird die Stressachse des Kindes auf pathologische Weise geprägt, und zwar zusätzlich zu physiologischen Problemen, wozu ein niedriges Geburtsgewicht gehört. Kombiniert mit der epigenetischen Veranlagung für emotionale und physiologische Erkrankungen kann Stress während der Schwangerschaft ein weiteres Stück des Puzzles sein, wenn es darum geht, die Ursachen für Probleme zu entschlüsseln.

Darüberhinaus werden verschiedene Arten von möglicherweise traumatischen Erlebnissen in der frühen Kindheit als belastende Kindheitserfahrungen (Adverse Childhood Experiences, kurz ACEs) bezeichnet. Darunter fallen1:

  • körperliche Misshandlung
  • emotionaler Missbrauch
  • sexueller Missbrauch
  • Verlassensein oder Verlust eines Elternteils durch Suizid
  • Vernachlässigung
  • Drogen- oder Alkoholmissbrauch im Haushalt
  • Naturkatastrophen oder Unfälle
  • anhaltender Stress (Bullying (Mobbing); Leben in einer gefährlichen Situation)
  • ein Nahtoderlebnis

Warum betrifft es manche und andere nicht?

Stress ist subjektiv: Wenn das Kind umgeben von Liebe und Zuneigung ist, sich behütet fühlt und generell unterstützt wird, können diese positiven Faktoren den Folgen von Stress entgegenwirken.

Auch weichen Kinder in der Wahrnehmung voneinander ab: Was für die einen traumatisch ist, muss es nicht zwangsläufig auch für andere sein. Hier spielen eine Reihe von Faktoren mit, inklusive die genetische Veranlagung, der familiäre Halt und vorherige Erfahrungen mit Traumen2.

Grundsätzlich ist ein annehmbares Maß an Stress schon früh notwendig, damit das Kind lernt, auf gesunde Art und Weise damit umzugehen. Andererseits führt eine länger anhaltende Phase von Stress wahrscheinlich zu Störungen in der Hirnarchitektur und verursacht langfristige Schäden, wenn dies unbehandelt bleibt.

Welche Folgen hat Stress bei Neugeborenen im späteren Erwachsenenalter?

Es gibt Traumata bei Neugeborenen, die bei diesen Menschen Spuren hinterlassen, insbesondere wenn sie in der Kindheit nicht behandelt werden. Eine Vielzahl von ACEs kann zu toxischem Stress führen – eine Reaktion des Körpers, die das Gehirn und das Nervensystem, den Stoffwechsel sowie das Immun- und Herzkreislaufsystem einer Person verändert.

Körperliche Folgen

Zu den körperlichen Folgen der frühen Belastung durch Stress gehören ein erhöhtes Risiko für Herz- und Lungenerkrankungen, Diabetes3, Lebererkrankungen und Krebs. Autoimmunerkrankungen und Schlaganfälle sowie generell eine hohe Stressbelastung sind ebenfalls bei Erwachsenen wahrscheinlicher, die als Kind anhaltendem Stress oder einem Trauma ausgesetzt waren4.

Emotionale Folgen

Die psychische Gesundheit kann ebenfalls durch lange Zeiträume unter Stress oder ein traumatisches Erlebnis Schaden nehmen und einige der gesundheitlichen Folgen für Erwachsene mit frühkindlichem Trauma können sein:

  • Zornigkeit
  • Depression und Angstzustände
  • höhere Stressniveaus
  • Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
  • Psychosen
  • höheres Suizidrisiko
  • Alkohol- oder Drogenmissbrauch
  • selbstzerstörerisches Verhalten

Konsequenzen von Stress und Trauma in der Kindheit

Die Folgen eines Traumas, selbst wenn ein Erwachsener sich nicht mehr daran erinnert, können belastend und schädlich sein. Menschen, die früh in ihrem Leben ein Trauma erfahren, haben wahrscheinlich im Erwachsenenalter weniger zufriedenstellende Beziehungen. Es fällt ihnen schwerer, anderen Menschen zu vertrauen und tiefgreifende Beziehungen einzugehen. Viele der Probleme, mit denen sie sich konfrontiert sehen – zum Beispiel ein geringes Selbstwertgefühl –, sind tief in der Kindheit verwurzelt. Sie betreffen sowohl die zwischenmenschlichen Beziehungen als auch den beruflichen Erfolg.

Mehr noch, Erwachsene, die unbehandelte belastende Kindheitserfahrungen gemacht haben, setzen manchmal den Kreislauf ungewollt fort und laufen Gefahr, ihre Kinder ebenfalls ACEs auszusetzen.

Bindungsformen und Beziehungen

Wenn ein Kind nicht richtig und fortlaufend betreut wird, kann es eine Bindungsstörung entwickeln, die bis ins Erwachsenendasein anhält.

Tatsächlich haben Untersuchungen ergeben, dass die Art der Bindung, die ein Baby zu seiner Bezugsperson hat – das heißt, inwieweit die fürsorgende Person auf die Bedürfnisse des Kindes eingeht – einer der wichtigsten Prädiktoren für die Art von Beziehungen ist, die dieses Kind als Erwachsener haben wird.

Zum Beispiel wird ein Kind mit sicherer Bindung später auch gesunde, sichere Beziehungen eingehen. Gleichzeitig wird ein Kind, das oftmals ignoriert oder sogar vernachlässigt wird – mit einem Betreuer, dessen Umgang unsicher und ausweichend ist – es wahrscheinlich schwer haben, intime Beziehungen aufzubauen und wird womöglich emotionaler Nähe ausweichen3. Ein Kind, das beide Umgangsweisen von seiner Bezugsperson erfahren hat, also sowohl Fürsorge als auch Zurückweisung, und eine angsterfüllte Bindung erlebt, wird als Erwachsener wahrscheinlich ständig Angst haben, dass der Partner ihn/sie verlässt. Diese Menschen verwenden viel Zeit darauf, ihre Beziehung zu analysieren statt aktiv an ihr teilzuhaben.

Konfrontation mit frühkindlichen Erfahrungen als Erwachsener

Die Folgen von ACEs im späteren Leben zu spüren, ist nicht Ungewöhnliches. Traumen können sich durch Angstzustände, Depression oder eine posttraumatische Belastungsstörung bemerkbar machen. Wenn in Fällen von Verlassensein oder Vernachlässigung, von körperlichem oder sexuellen Missbrauch, sowie bei psychischen Krankheiten oder Drogenmissbrauch im Haushalt diese frühen Belastungen Ihr Leben als Erwachsener beeinträchtigen, müssen diese Erlebnisse behandelt werden, und zwar selbst dann, wenn Sie keine besonderen Erinnerungen an diese Lebensphase haben.

Gut schlafen und gesund essen sowie ein Verzicht auf Tabak und Alkohol wird im Verbund mit einem guten Lebensstil inklusive Sport, Meditation und der Einbindung in Hilfsgruppen hilfreich sein. Doch nichts ist so effektiv wie die umfassende Behandlung durch geschultes Fachpersonal.

…mit der Hilfe von CALDA Clinic

Kindheitstraumen können über Jahre hinweg in der Tiefe Ihrer Psyche schlummern, können sich manchmal in Ihren psychologischen und physiologischen Reaktionen zeigen. Wir verfolgen einen personalisierten Ansatz mit Fokus auf Ihre Erfahrungen und Ihre Geschichte, beschäftigen uns gleichzeitig mit Ihren körperlichen und emotionalen Bedürfnissen, wobei wir auf die besten Behandlungsformen östlicher und westlicher Medizin zurückgreifen. Unabhängig von der Schwere Ihres frühkindlichen Traumas, unser Ziel ist es, Sie in der kürzest möglichen Zeit zu heilen.

Es ist nie zu spät, sich Hilfe zu holen und wenn Sie auf der Suche danach sind, dann sind Sie bereits auf dem besten Weg, Antworten für Ihre Fragen und Probleme zu finden.

Quellenangaben

  1. The National Child Traumatic Stress Network. “Early Childhood Trauma.” https://www.nctsn.org/what-is-child-trauma/trauma-types/early-childhood-trauma
  2. American Academy of Pediatrics. “Adverse childhood experiences and the lifelong consequences of trauma.” 2014. https://cdn.ymaws.com/www.ncpeds.org/resource/collection/69DEAA33-A258-493B-A63F-E0BFAB6BD2CB/ttb_aces_consequences.pdf
  3. Van der Kolk, Bessel A. The body keeps the score: Brain, mind, and body in the healing of trauma. Penguin Books, 2015.
  4. Shields, M.E., Hovdestad, W.E., Pelletier, C. et al.Childhood maltreatment as a risk factor for diabetes: findings from a population-based survey of Canadian adults. BMC Public Health 16879 (2016). https://doi.org/10.1186/s12889-016-3491-1
  5. Amir Levine, M.D. and Rachel S. F. Heller, M.A. Attached: The New Science of Adult Attachment and
    How It Can Help You Find-And Keep-Love.
    https://www.attachedthebook.com/wordpress/